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Datum: 25.08.2023

Unterbringung von Geflüchteten: Nutzung von Sporthallen vermeiden

Landkreis Oberhavel plant für vorübergehende Unterbringung eine Traglufthalle in Zehdenick

Bereits Anfang August hat das Land Brandenburg das Aufnahmesoll für 2023 – das ist die Zahl der Geflüchteten, die jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt Brandenburgs in diesem Jahr aufnehmen soll – gesenkt. Laut der korrigierten Zahlen liegt das Soll für Oberhavel nun bei 1.844 Menschen (vorher: 2.394 Personen) und ist damit um 550 Personen gesenkt worden. Rein rechnerisch ist Oberhavel damit verpflichtet, in diesem Jahr noch mehr als 1.300 Menschen aufzunehmen. Bis zum 31.07.2023 sind bereits 511 Personen in Oberhavel angekommen.

„Die Frage, wo weitere geflüchtete Menschen untergebracht werden können, beschäftigt uns weiterhin sehr intensiv“, sagt Landrat Alexander Tönnies. „Denn laut der Zahlen muss Oberhavel pro Monat mehr als 150 Geflüchtete aufnehmen. Weil unsere Platzreserven dafür weder in Wohnungen noch in den Gemeinschaftsunterkünften an unseren elf Standorten ausreichen, müssen wir weiter über Alternativen nachdenken. Denn dass eine dauerhafte Unterbringung der Menschen in Sporthallen keine Lösung sein kann, habe ich schon mehrfach betont.“

Deshalb schlägt der Landkreis nun – gemeinsam mit der kreiseigenen Oberhavel Holding Besitz- und Verwaltungsgesellschaft mbH – eine Alternative vor: „Für den Bau einer Traglufthalle haben wir bereits eine erste Idee entwickelt, die wir den Vertretern der Kommunalpolitik vorstellen werden. Damit lösen wir nicht zuletzt ein Versprechen ein, dass wir im Juli gegeben hatten – nämlich weiter nach Möglichkeiten zu suchen, um die Unterbringung Geflüchteter in Sporthallen zu vermeiden.“

Ein entscheidender Vorteil der circa 50 mal 40 Meter großen Traglufthalle – das ist etwa die Größe eines halben Fußballfeldes – ist die vergleichsweise schnelle Aufbauzeit: In nur rund acht Wochen Bauzeit könnten rund 140 Plätze bereitgestellt werden. Das Konzept integriert bereits Küchen- und Sanitäranlagen. „Entscheidend für uns ist, dass wir damit auf die Nutzung von Sporthallen verzichten könnten. So bleiben Sportunterricht und Vereinssport weiterhin wie gewohnt möglich und müssen nicht eingeschränkt werden. Das ist mir auch im Hinblick auf die vielen Sportstunden, die schon während der Coronapandemie ausfallen mussten, besonders wichtig“, erklärt Tönnies. Wird die Traglufthalle nicht mehr benötigt, um Geflüchtete unterzubringen, ist eine Nutzung als zusätzliche Sporthalle denkbar.

Die Traglufthalle soll in der Stadt Zehdenick entstehen und die angekündigte, vorübergehende Nutzung der Sporthalle im Wesendorfer Weg für die Unterbringung von Geflüchteten ersetzen. Der konkrete Standort steht aktuell allerdings noch nicht fest. Gemeinsam mit der Stadt Zehdenick prüft der Landkreis derzeit mögliche Varianten. Die Sporthalle am Wesendorfer Weg wird ab dem neuen Schuljahr dem Schul- und Vereinssport dienen können. Die Nutzung der Halle als Notunterkunft ist damit zurückgestellt.

Zusätzlich zu der Halle in Zehdenick wird der Landkreis weitere Unterkünfte neu errichten oder herrichten. Konkret werden seit April 2023 fünf Wohngebäude in der Lindenstraße in Marwitz gebaut. Mit der Fertigstellung der Plätze für etwa 90 Menschen ist frühestens im Frühjahr 2025 zu rechnen. Außerdem ist geplant, die schon bestehende Unterkunft im Mühlenbecker Weg im Oranienburger Ortsteil Lehnitz bis zum Frühjahr 2024 um rund 200 Plätze zu erweitern. An der ehemaligen Landwirtschaftsschule Luisenhof in der Germendorfer Allee in Oranienburg-Eden werden bis Anfang 2024 knapp 100 weitere Plätze entstehen. Schon zum Jahresende soll außerdem ein kreiseigenes Gebäude an der Straße Hinter dem Schlosspark in Oranienburg 50 Menschen ein sicheres Obdach bieten. Insgesamt stünden dem Kreis bis 2025 – die Traglufthalle noch nicht eingerechnet – damit insgesamt etwa 440 neue Plätze für die Unterbringung geflüchteter Menschen zur Verfügung.

„Das zeigt, wie angespannt die Situation auch mit dem Ausbau der Kapazitäten an den genannten Standorten ist – und dass wir weiterhin auch Übergangslösungen brauchen werden“, sagt Alexander Tönnies. „Wir gehen außerdem davon aus, dass auch in den kommenden Jahren der Zustrom geflüchteter Menschen nach Europa und damit auch nach Oberhavel weiter anhalten wird. Darauf müssen wir uns bestmöglich vorbereiten Deshalb überlegen wir schon jetzt, wo wir mögliche weitere Unterkünfte errichten können. Überlegungen gibt es aktuell in Liebenwalde und Velten-Hohenschöpping. Das tatsächliche Zugangsgeschehen ist allerdings nur schwer vorhersehbar.“

Für die Errichtung der Traglufthalle plant der Kreis, außerplanmäßig etwa 2,9 Millionen Euro auszugeben. Für den Betrieb der Halle erstattet das Land Brandenburg anteilig die Neben- und Bewirtschaftungskosten – je nach der Belegung der Unterkunft und abhängig vom ausländerrechtlichen Status der zugewiesenen Bewohnerinnen und Bewohner.

Der Finanzausschuss wird sich am 07.09.2023 mit dem Beschlussvorschlag der Kreisverwaltung befassen, der Krausausschuss am 11.09.2023. Der Kreistag berät dazu am 13. September.